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Aus- und Weiterbildung in der Modebranche: text-ur im Interview mit Fashion-Retail-Experte Jochen Hinkel

23.03.2016

„Viele Läden im Modebereich verharren zu sehr in ihrem eigenen Wissen“, kritisiert unser Kunde Jochen Hinkel, Gründer und Inhaber der Internationalen Mode Akademie. Im Gespräch mit text-ur erläutert er die Knackpunkte für die Ausbildung von Professionals im Fashion Retail.

 Herr Hinkel, mit der Internationalen Mode Akademie bieten Sie seit kurzem Ausbildungen für Fach-, Verkaufs- und Führungskräfte speziell für die Modebranche an. Ist der Modehandel nicht durch interne Ausbildungsprogramme bereits gut aufgestellt?
Jochen Hinkel: Die großen Unternehmen sind gut aufgestellt, die kleinen und mittleren jedoch nicht. Da erfolgt in der Regel die Einarbeitung der Mitarbeiter durch andere Mitarbeiter. Learning by doing heißt die Devise. Das ist an sich nichts Schlechtes, wenn sich die Ausbildung aber rein darauf beschränkt, ist das von Nachteil. Denn der Blick von außen fehlt ebenso wie das Feedback von mehreren verschiedenen Retail-Profis.

Was konkret bemängeln Sie am derzeitigen Ausbildungssystem, und wie lautet Ihre Lösung? Sprich: Welche Unterstützung benötigen Ihrer Meinung nach die Mitarbeiter im Fashion Retail?
Jochen Hinkel: Die Mitarbeiter erhalten nur Firmenwissen, sie haben keine Chance, über den Tellerrand hinaus zu blicken. Sie sind außerdem bezüglich ihrer Jobkompetenzen sehr abhängig von dem Stelleninhaber, der sie anlernt: Letztlich können sie nur so gut werden, wie dieser ist. Für die Unternehmen ist dieses System verheerend, denn sie verharren in ihrem Wissen, schmoren sozusagen in ihrem eigenen Saft und können sich somit nicht wirklich weiterentwickeln und besser werden. Die Lösung muss also darin bestehen, den Mitarbeitern ein breiteres Ausbildungsfeld zu bieten – durch Experten aus verschiedenen Unternehmen, die unterschiedliche Lösungsansätze für einzelne Themen aufzeigen können. Ihnen Benchmarks und Best Cases an die Hand zu geben. Genau das bieten wir in unseren Ausbildungen der Internationalen Modeakademie an.

Welche Kompetenzen sind für Professionals im Fashion-Bereich insgesamt wichtig? Welche Kompetenzen sind etwa bei District/Area Managern gefragt?
Jochen Hinkel: District/Area Manager, also Gebiets- und Regionalleiter im Modehandel benötigen zum einen ein gutes Zahlenverständnis, da sie viel mit Kennzahlen beschäftigt sind. Zum anderen ist aber auch ganz wichtig, dass sie eine starke soziale Kompetenz haben. Schließlich arbeiten sie viel mit Menschen – Kunden wie Mitarbeiter – zusammen. Letztere müssen sie leiten und motivieren. Sie müssen delegieren und natürlich auch sich selbst gut führen können. Zudem ist Organisationstalent im Allgemeinen gefragt.

Und welche Kompetenzen benötigen speziell die Einkäufer im Fashion Retail?
Jochen Hinkel: Neben einer guten Verhandlungsfähigkeit, die unabdingbar ist, benötigen Einkäufer ein extrem hohes Zahlenverständnis. Controlling und Planung sind zwei wichtige Bereiche, die sie beherrschen müssen. Zudem müssen sie sehr belastbar sein, eine hohe Stressresistenz mitbringen. Denn letztlich agieren sie immer für drei Saisons parallel. So müssen sie beispielsweise im Januar die Winterware für das darauf folgende Jahr kaufen. Zu diesem Zeitpunkt wird aber auch schon Sommerware verkauft, für die sie Liefertermine beachten müssen, und die Planung für den darauf folgenden Sommer geht auch schon los. Damit verbunden ist auch immer eine Trendrecherche, für die sie eine gute Analysefähigkeit brauchen.

Wie wirken die sich gerade wandelnden Kauf- und Handelsstrukturen auf die Anforderungen im Modehandel aus?
Jochen Hinkel: Die neuen digitalen Kaufkanäle haben einen enormen Einfluss auf den stationären Modehandel. Immer mehr Menschen bestellen Ihre Kleidung bequem von zu Hause aus im Internet. Und das bedeutet immer weniger Frequenz und Umsatz in den Modeläden. Freilich bleiben die Mietkosten aber die gleichen, so dass die Unternehmen letztlich am Personal einsparen. Die Folge davon ist, dass immer weniger Mitarbeiter im Fashion Retail immer mehr leisten müssen. Und das wiederum heißt, dass die Qualifizierung der Leute immer wichtiger wird. Die Herausforderung für die Stores liegt also darin, sich mittels Weiterbildung ihrer Mitarbeiter möglichst gut aufzustellen, damit sie mit einer kleineren Mannschaft den Laden – im wahren Sinne des Wortes – stemmen können. Das ist aber nicht die einzige Auswirkung des Online-Handels. Die Modegeschäfte sind natürlich auch gezwungen, sich gegen die Konkurrenz Internet zu behaupten, ihr etwas entgegenzusetzen. Und zwar, indem man den Kunden noch stärker als bisher emotional anspricht. Denn klar ist, dass dessen Anspruch ans Shoppen seit dem Aufkommen des E-Commerce deutlich gestiegen ist. Einkauf ist für ihn immer mehr mit Erlebnis verbunden. So gilt es heutzutage für den stationären Handel auch immer mehr, einen emotionalen Zugang zum Kunden zu bekommen und ihn mit all seinen Sinnen anzusprechen. Mit „Schönen guten Tag“, ein bisschen Warenkunde und „Auf Wiedersehen“ ist es für die Fashion-Mitarbeiter längst nicht getan. Es muss ihm vielmehr gelingen, den Ladenbesuch seiner Kunden zu deren Erlebnis zu machen. Und hierzu bedarf es vor allem Motivation, Begeisterungsfähigkeit und Leidenschaft.

 

Weitere Informationen:
Internationale Mode Akademie
Jochen Hinkel . Königsallee 61 . 40215 Düsseldorf
www.internationale-mode-akademie.com

 

Das Interview mit Jochen Hinkel finden Sie ebenfalls auf der Homepage von Fashion Net Düsseldorf e.V., ein Zusammenschluss von Akteuren der Modebranche.
 

Jochen Hinkel ist Branchenfachtrainer in der Textilwirtschaft und Berater im Fashion Retail. Sein Alleinstellungsmerkmal ist die Praxiserfahrung: Hineingeboren in das gehobene DOB-Fachgeschäft seiner Eltern, ist Jochen Hinkel mit dem Modehandel aufgewachsen und - nach BWL-Studium und Arbeit in der Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung - als Trainer und Berater in die Modeeinzelhandels-Branche zurückgekehrt.
Im vergangenen Jahr hat er die Internationale Mode Akademie gegründet mit dem Ziel, Fashion Professionals für die zentralen Berufsbilder der Branche zu qualifizieren.
                                              

 

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